Offener Brief an Bürgermeister Andreas Grund, Neustrelitz


18. Februar 2015

Der Künstler und Kulturaktivist Rainer Grassmuck schrieb folgenden Offenen Brief:

Sehr geehrter Herr Grund,

vorab möchte ich Sie bitten, diesen Brief an alle Stadtvertreter weiterzuleiten. Ich werde ihn auch an anderer Stelle veröffentlichen.

Bezüglich der derzeitigen Diskussion über die Theaterstandorte der TOG kann ich Ihr Verhalten und Ihre Amtsführung nicht nachvollziehen. Ich frage mich, mit welchem Denken Sie an so eine Aufgabe herangehen und komme zu dem Schluss, Sie wollen gehorsam sein, aber wem gegenüber? Es ist Ihre Pflicht, Schaden von der Stadt abzuwehren, Sie aber handeln ins Gegenteil.

Nicht nur, dass Sie zum Schein eine Lenkungsgruppe einberufen, denen Sie mit ausufernden Sätzen kostbare Zeit rauben, um sie anschließend zu hintergehen und ein Papier befürworten, welches ganz Neustrelitz in eine Kulturdepression stürzen wird - ein Konzept, was weder gerechnet wurde, noch eine künstlerische Wertigkeit aufweist - nein, Sie gehen auch noch her und treten das Leitbild der Stadt in Sachen Kultur mit Füßen. Denn was steht da geschrieben?

Leitziele
Zielbereich Kultur
− Weitere Profilierung der Stadt als überregional bekannte Kultur- und Festspielstadt
   durch Bewahrung der kulturellen Einrichtungen

Maßnahmen mit Priorität
− Sicherung des Theaterstandortes in Neustrelitz (Mehrspartentheater und
    produzierender Standort) einschl. Tanzkompanie
− Entwicklung des Kulturhistorischen Zentrums als Standort des Karbe-Wagner-
   Archivs, des städtischen Museums und der Stadtbibliothek und anderer Partner (z. B.
   Stiftung Mecklenburg) im ehemaligen Postgebäude in der Schloßstraße
− Etablierung der Schlosskirche als Kulturstätte der Stadt
− freie und kontinuierliche Kulturförderung vielseitiger Initiativen im Stadtgebiet

Wenn Sie diese elementaren Sätze bei Ihrer pflichtgemäßen Arbeit nicht beachten, dann muss ich davon ausgehen, dass es sich beim gesamten Leitbild der Stadt nur um ein schöngeschriebenes Profilstatement handelt. Wenn Sie sich als Bürgermeister nicht daran halten, werden Bürgerinnen, Bürger und eventuelle Zuwanderer dann schlichtweg belogen.

Ich fordere Sie hiermit auf:

  • handeln Sie endlich im Sinne der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Neustrelitz
  • widersetzen Sie sich öffentlich dem Diktat der Landesregierung, stehen Sie endlich auf und zeigen Sie Selbstvertrauen für eine innovative Stadtpolitik
  • zeigen Sie, dass Neustrelitz keine Angst vor Strafkürzungen im Kulturbereich seitens der SPD/CDU Landesregierung hat, denn dann wird der Kampf weitergehen, bis zur nächsten Landtagswahl und wahrscheinlich darüber hinaus und es werden viele hinter Ihnen stehen
  • stellen Sie sich hinter das Solidarmodell - das einzige Konzept, was professionell von Fachleuten gerechnet wurde
  • bekennen Sie sich zum Begriff "Bürgermeister", lassen Sie sich nicht zum "Erfüllungsgehilfen" degradieren

Mittlerweile wissen alle, dass es der Landesregierung gar nicht ums Geld geht, sondern um Macht und Steuerung der kulturellen Einflussnahme. Ein nicht gerechnetes Konzept mit der Bedingung, das Land wird Mehrheitsgesellschafter und das ohne einen Entwurf eines Gesellschaftervertrages ist unseriös. Das ganze noch mit Drohungen unterlegen, ist Erpressung. Darauf einzugehen wäre der kulturelle Todesstoß für das traditionelle Stadttheater. Die Auswirkungen würden den gesamten Kultur- und Bildungsbereich des Landes erreichen und gewachsene Strukturen zerstören.

Mit freundlichem Gruß
Rainer Grassmuck


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